Nachdem im vorherigen Beitrag anhand eines konkreten Fallbeispiels der typische Ablauf eines Liquidationsverfahrens bei einer kleinen Kapitalgesellschaft aufgezeigt wurde, wird hier nun die Besteuerung der Liquidation dargestellt. Außerdem werden die Auswirkungen, die eine solche Liquidation für die Gesellschafter mit sich bringt, aufgezeigt.
Steuerliche Behandlung der Liquidation
Anwendbarkeit des § 11 KStG
Voraussetzungen für eine Liquidationsbesteuerung nach § 11 KStG sind die Auflösung der Körperschaft und ihre anschließende tatsächliche Liquidation. Eine Ausnahme stellt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dar, da trotz unterbliebener Abwicklung § 11 KStG sinngemäß anzuwenden ist.
Sofern eine Kapitalgesellschaft lediglich die Betriebstätigkeit einstellt und das Vermögen veräußert, liegt keine steuerliche Liquidationsbesteuerung nach § 11 KStG vor. Gleiches gilt, wenn die Kapitalgesellschaft trotz Auflösungsbeschluss nach wie vor am Wirtschaftsleben teilnimmt.
Die Ausführungen zur Körperschaftsteuer gelten analog für die Gewerbesteuer. Auch die Gewerbesteuerpflicht erlischt durch die Auflösung nicht, sondern bleibt bis zum Ende der Abwicklung bestehen.
Abwicklungszeitraum
Ab dem Zeitpunkt des Beginns der Liquidation ist die Besteuerung nicht mehr auf ein Kalenderjahr (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KStG), sondern auf den Abwicklungs-zeitraum zu beziehen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KStG). Für den Beginn des Besteuerungszeitraums ist oft der Tag der handelsrechtlichen Auflösung maßgeblich. Ende des Besteuerungszeitraums ist entweder der rechtsgültige Abschluss der Liquidation oder frühestens der Ablauf des Sperrjahres. Der Besteuerungszeitraum soll drei (Zeit-)Jahre nicht übersteigen.
Abwicklungsgewinn
Grundsätzliche Ermittlung
Der Abwicklungsgewinn wird ermittelt, indem man die Summe der Vermögenswerte von den Verbindlichkeiten abzieht. Dabei werden sowohl das Ergebnis aus der Auflösung stiller Reserven berücksichtigt als auch im Laufe der Abwicklung erzielte Erträge. Dieser Abwicklungsgewinn unterliegt dann der Körperschaftsteuer.
Wahlrecht zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres
Eine steuerliche Besonderheit ist das Wahlrecht zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs, welches vom Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres bis zum Tag des Auflösungsbeschlusses reicht und damit nicht in den Liquidationszeittraum einzubeziehen ist. Verzichtet die Kapitalgesellschaft auf die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres, beginnt die Liquidationsbesteuerung bereits mit dem Schluss des letzten regulären Wirtschaftsjahres. Das bis zur Auflösung erzielte Ergebnis ist dann in die Ermittlung des Liquidationsgewinns einzubeziehen. Je nach Ausübung dieses steuerlichen Wahlrechts ergeben sich im Falle der K GmbH damit folgende Optionen:
a) Die K GmbH verzichtet auf die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs: Ab dem 1.1.2023 greift die besondere Liquidationsbesteuerung bis zur Beendigung der Kapitalgesellschaft am 3.5.2024. Das in diesem Zeitraum erzielte Ergebnis wird daher in nur einer einzigen Körperschaftsteuererklärung erklärt.
b) Die K GmbH folgt der handelsbilanziellen Behandlung – mit der Folge eines Rumpfwirtschaftsjahrs vom 1.1.2023 – 27.2.2023. Für diesen Zeitraum ist eine „normale“ Körperschaftsteuererklärung einzureichen. Der besonderen Liquidationsbesteuerung unterliegt in der Folge das Ergebnis für den Zeitraum vom 28.2.2023 – 3.5.2024. Hierfür ist eine zweite Körperschaftsteuererklärung notwendig.
Erstellung von Liquidationsbilanzen
Auch für die Erstellung von Bilanzen gelten bei der Liquidation einer Kapitalgesellschaft bezüglich der verschiedenen Stichtage spezifische Regelungen. Hier ist wiederum ebenso zu unterscheiden, ob zuvor ein Rumpfgeschäftsjahr gebildet wurde oder nicht.
a) Wenn die K GmbH auf die Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres verzichtet, werden die Liquidationseröffnungs- und die Liquidationsschlussbilanz für das laufende Geschäftsjahr erstellt.
b) Macht die K GmbH von ihrem Wahlrecht zur Bildung eines Rumpfgeschäftsjahres Gebrauch, muss neben einer Liquidationseröffnungs- und Liquidationsschlussbilanz noch eine Zwischenbilanz erstellt werden, um den Fortschritt der Liquidation zu dokumentieren.
Auswirkungen auf der Ebene der Gesellschafter
Vermögensverteilung
Das Vermögen der Gesellschaft wird gem. § 72 Satz1 GmbHG unter den Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile verteilt Nach Abzug aller Verbindlichkeiten und der Liquidation des Vermögens kann es zu einer Kapitalrückzahlung oder einer Ausschüttung an die Gesellschafter kommen. Die genaue Vorgehensweise hängt von den Regelungen im Gesellschaftsvertrag und von den individuellen Umständen ab.
Im Rahmen einer Kapitalrückzahlung kann die Gesellschaft beschließen, einen Teil oder das gesamte Stammkapital an die Gesellschafter zurückzuzahlen. Dies erfolgt gemäß den GmbhG-Vorschriften.
Alternativ zur Kapitalrückzahlung kann die Gesellschaft beschließen, das verbleibende Vermögen an die Gesellschafter auszuschütten. Die Ausschüttung erfolgt i.d.R. entsprechend der Beteiligung am Stammkapital. Mit der vollständigen Ausschüttung des Vermögens an die Gesellschafter erlischt die Vermögensteuerpflicht. Zwar ist für die Ausschüttung des Vermögens das Sperrjahr (§ 73 GmbHG) einzuhalten, jedoch wirken sich Vorabausschüttungen bereits mindernd auf das Vermögen aus.
Ermittlung der Einkünfte
Mit der Auflösung der Kapitalgesellschaft gehen eine Herabsetzung des Nennkapitals und die Gutschrift auf dem steuerlichen Einlagekonto einher. Inwieweit die Liquidation zu Einkünften auf Ebene des Gesellschafters führt, ist davon abhängig, ob es sich dabei um eine Beteiligung i.S. des § 17 EStG (Beteiligung > 1% zu einem Zeitpunkt innerhalb der letzten 5 Jahre) handelt oder ob der Gesellschafter die Beteiligung eventuell sogar in seinem Betriebsvermögen hält.
Liegt eine solche Beteiligung nicht vor und der Anteil < 1% wird im Privatvermögen gehalten, ist nur der Teil des Liquidationserlöses steuerpflichtig, der über die Einlagen hinausgeht. Dieser Teil unterliegt der Abgeltungssteuer i.H. von 25%. Die Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto stellt einen nicht steuerpflichtigen Kapitalrückfluss dar.
Bei einer Beteiligung i.S. des § 17 EStG unterliegt ein Liquidationserlös dem Teileinkünfteverfahren, wodurch 40% der Einnahmen steuerfrei sind. Die Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto stellt Einkünfte i.S. des § 17 Abs. 4 EStG dar. Im Falle der K GmbH beläuft sich das steuerliche Einlagekonto auf 25.000 €. Bei einem angenommenen Bilanzverlust von 23.000 € beträgt die Nennkapitalrückzahlung 2.000 €. Diese Nennkapitalrückzahlung ist zu 40% steuerfrei, wodurch steuerpflichtige Einnahmen i.H. von 1.200 € entstehen. Die Anschaffungskosten für die Beteiligung i.H. von 25.000 € kann S andererseits auch nur zu 60% (15.000 €) abziehen. Es resultiert ein Veräußerungsverlust i.H. von 13.800 €, der mit anderen Einkünften ausgleichsfähig ist.